Aus dem Archiv: Servus ist wie Moin – drei Nordlichter zu Gast in Isar

„Servus ist wie Moin“ – Eine Expedition von Drei Nordlichter auf dem Pfingstlager der Region Isar und Schwaben

Im Leben eines Pfadfinders kommt es immer wieder vor, dass die altbekannten Pfade einmal verlassen werden und der Blick über den Tellerrand gewagt wird…

Aufgrund diverser Zufälle und Umstände kam es, dass wir Drei dieses Jahr nicht mit auf das Landeslager des VCP Schleswig-Holstein in Dänemark fahren würden. Da ein Pfingsten ganz ohne Kohte und Lagerfeuer aber auch eine zu schreckliche Vorstellung war, sind wir Drei also mutig und neugierig dieses mal nicht gen Norden, sondern gen Süden gefahren und auf dem Pfingstlager der Regionen Isaar und Schwaben auf dem Bucherberg gelandet.
Wir, dass sind Nina, Rasmus und flip und dies ist unser Expeditionsbericht.

Auf einem Bundesrat auf der Burg Rieneck im Jahre 2016 sind Maxl, Patrick und flip ins Gespräch vertieft, wie denn einzelne VCP Länder ihre Pfingstlager veranstalten und was daran jeweils so besonders sei. Ja, Workshops mache man wohl und auch eine Oase steht auf dem Platz; alles schon mal gehört und gesehen, aber irgendwie doch ganz anders. Es geht hin und her. Am Ende steht ein „flip, komm nächstes Pfila doch einfach mal bei uns vorbei!“ im Raum.

Und genau daran erinnert sich flip und gemeinsam beschließen wir, dieses Jahr in Bayern aufs Pfila zu fahren. In Schleswig-Holstein sind um Pfingsten keine Schulferien; unsere Pfingstlager gehen daher immer von Freitag bis Pfingstmontag; Dienstag müssen alle wieder zu Schule. Das der Montag hier noch ein voller Programmtag ist und erst am Dienstag abgebaut wird (wofür alle LeiterInnen Urlaub nehmen!) ist die erste Überraschung. Aber erstmal müssen wir ja überhaupt hinkommen! Nach reiflicher Überlegung fahren wir am Donnerstag gen Süden und wollen dann am Montag wieder zurück.

Wir fahren mit der Bahn. Quer-Durchs-Land-Ticket. Für 10 Stunden wechseln die Züge und die Landschaften vor dem Fenster. Aus dem Holsteinischen Hügelland werden schließlich Bayrische Wälder. Wir bringen ein kleines Hoch auf die Bahn aus, denn wir steigen mit keiner Minute Verspätung aus dem Zug! Das freut auch unser kleines Begrüßungskomitee, dass uns vom Bahnhof abholt und zum Lagerplatz fährt. Wir sind das erste mal auf dem Bucherberg und werden erstmal ortskundig gemacht. Anerkennend stellen wir fest: Schöner Platz! Wir sind voll auf Aufbau eingestellt, aber die Oase und die meisten Programmzelte stehen schon, also bleibt am Donnerstag nur noch das Abendbrot, dass wir, hungrig wie wir sind, dankbar annehmen.

Am Freitag kommen die Kinder! Das ist wohl auf allen Pfingstlagern so, also helfen wir nach dem Aufstehen da, wo noch Hilfe gebraucht wird. Das Thema des Lagers, Seefahrernationen, ist uns Nordlichtern nicht ganz fern, also bestaunen wir fachkundig die Ausstattung der Oase mit Fischernetzen, Muscheln und Seesternen („Hättet ihr was gesagt, die liegen bei uns doch zu Hauf am Strand…“) und nicken anerkennend über den stilvollen Dreispitz, den ein jedes Mitglied der Lagerleitung trägt. Unsere Aufgabe ist schließlich das Aufstellen der Vier Flaggenmasten für die Vier Seefahrernationen. Flaggenmast; Standartjob für Pfadfinder; Pünktlich zum Eintreffen der ersten Stämme wehen also die Fahnen der großen Seefahrerstaaten England, Spanien, Portugal und Schleswig-Holstein… Äh… Niederlande… (Liebe Bayern, verzeiht uns an dieser Stelle diese „zufällig“ Verwechselung. Wir hoffen eure Kinder erkennen die Fahne der Niederlande trotzdem richtig herum… 😉 )

Wir nehmen am ersten gemeinsamen Abendessen teil und sind schwer begeistert von der Kochkunst der Kombüse! Wir schließen die Jungs und Mädels hinter dem Herd sofort ins Herz und werden von ihnen noch zum Abschied reichlich mit Essen beschenkt. Die letzte der Frikadellen aus dem Lunchpaket soll noch Tage nach dem Pfingstlager in unseren Bäuchen landen… So lecker haben wir wirklich schon lange nicht mehr zu Pfingsten gespiesen! Zentralverpflegung und gemeinsames Essen des ganzen Lagers sind auch neu für uns. Ganz schön große Runde hier.

Wir haben uns für den nächsten Tag als Posten für den Postenlauf eingetragen, also packen wir nach dem Frühstück unsere Gitarren und Jungle Speed ein und suchen uns einen schönen Platz am Waldrand. PfadfinderInnen sind dann doch überall gleich und Wölflinge sowieso immer süß; das Hemd ist in der Hose oder schief und offen, das Halstuch eine Affenschaukel oder zünftig mit Halstuchknoten und frech sind sie sowieso alle… Nach kurzer Zeit kommt schon die erste Gruppe zu uns und wir zocken wie die Großen! Bis auf ein paar Verständigungsschwierigkeiten („Ihr redet so lustig Norddeutsch…“) läuft der Laden und wir geben freigiebig unsere Perlen aus der Hand.

Die Abende verbringen wir in der Oase, wie es sich gehört. Kennen wir aus Schleswig-Holstein den Oasenraum als eine große Teppichfläche mit Strohsäcken, wo sich alles zum Singen lagert, so finden wir hier die etwas „kneipigere“ Variante mit Biertischen. Oh das Bier! Bayrisches Heiligtum!Kein Gespräch ohne ein Wort über das vorzügliche Bier vom Fass zu verlieren, dass hier ausgeschenkt wird. Wir staunen über die großen Krüge („Das ist normal hier!“) und feixen uns einen, dass wir dieses Jahr nicht im Norden sind und unserem SchleHo-Alkoholverbot einmal entschwunden sind.

Und dann singen wir! Heißa! und bis die Saiten glühen! Wir drei haben uns vor dem Pfingstlager auch länger nicht gesehen und zusammen zu singen sehr vermisst. Wir singen den Bock durch, zweimal gar. Wir singen die bündische Hitparade, von oben nach unten und zurück. Wir singen die alten Arbeiterlieder, von „Spaniens Himmel“ bis zur „Internationalen“. Und wir singen Shanties! Gehört sich schließlich so als Norddeutsche und passt ja auch zum Thema. Also gehts „Auf der Reeperbahn nachts um Halb Eins“ und „Lapaloma“ und natürlich der Oasenschlager „Drunken Sailor“! Den natürlich mit allen 20 Strophen! Irgendwann gegen Morgen werden auch wir heiser und schleichen in die Kohte. Wir haben uns sehr gefreut, hier manchem Ohr vielleicht ein neues Lied mitgegeben zu haben…

Am nächsten Tag ist das große Regionsjubiläum! Wir schauen uns die Ausstellung an und staunen über die vielen Ehemaligen, die gekommen sind. Nach dem Showact am Nachmittag lungern wir in der Oase herum und spielen nochmal Jungle Speed mit Pfadis aus den Gruppen vom Postenlauf. Junge sind die schnell! Am Abend bauen wir schonmal unsere Kohte ab, denn am Montag müssen wir schon gegen 6 den Lagerplatz verlassen, um wieder unsere 10 Stunden-Tour quer durch die Republik anzutreten.

Während des ganzen Lagers werfen wir jedem, den wir treffen, ein fröhliches „Moin!“ entgegen. Allzu oft schallt uns dann ein ebenso fröhliches „Servus“ zurück. Zu späten Stunde in der Oase fassen wir uns dann an die Stirn! Diese beiden Grußformeln werden anscheint ganz ähnlich genutzt. Anders als viele Nicht-Norddeutsche denken, kommt „moin“ nicht von Morgen oder so, sondern ist ein eigenständiges Grußwort, das jederzeit genutzt werden kann. Da wir Nordlichter ja manchmal als sehr Wortkarg gelten, kann in einem „Moin!“ je nach Betonung und Melodie schon eine ganze Menge Information mitgeliefert werden. Etwa „hallo, mir geht es gut, das wetter ist schön, ich hoffe dir geht es auch gut, schönen tag noch“ in einem Wort. Moin. Auch der Auswurf „Ja Moin!“ für eine besonders fröhliche Begrüßung oder begeisterte Zustimmung ist nicht unüblich. Jetzt stellen wir also fest, dass es sich mit dem „Servus“ ja ganz ähnlich verhält und auch hier zu jeder Tages und Nachtzeit weit mehr Informationen weitergegeben werden als ein schnödes Hallo. Verbindende Völkerverständigung zwischen Bayern und Schleswig-Holstein! Großes Gelächter und Hallo! Wir bestellen alle noch ein Bier.

Am Montag werden wir zum Bahnhof gefahren und mit Essenspaketen reichlich beschenkt. Die Bahn meint es auch wieder gut mit uns und wir kommen nach 10 Stunden heil im Norden an.

Liebe Region Isaar und Schwaben! Vielen Dank für dieses sehr schöne Pfingstlager, für all die Gespräche und Lieder! Wir hatten riesig Spass und konnten einmal den Blick über den Tellerrand wagen. Wir sagen „Servus“ und freuen uns, den ein oder anderen Menschen auf dem Bula zu treffen.

Gut Pfad,

Nina, Rasmus & flip